Transkript der Podcast-Reihe:
Geschichten für eine lebendige Zukunft
Zum Abschluss möchte ich noch ein wenig von der Geschichte erzählen, wie ich in dieses Land genommen wurde, wo die Engel singen, wo ich fühle, dass mich die Naturgeister herzlich willkommen heißen, und wie ich die Dunkelheit um die Welt herum wachsen sah.
In dem Frühling, als ich fünfundfünfzig war, holte mich eine große Müdigkeit von meiner Lehrtätigkeit ein, ich war ausgelaugt, hatte nichts mehr zu geben, keine Reserven mehr. Ich erinnere mich an den Moment, wo ich, nachdem ich ein Retreat mit über dreihundert Leuten in der Schweiz gegeben hatte, auf meinem Bett in einer Hütte in den Bergen saß und innerlich schrie: „Ich kann nicht mehr weiter! Etwas muss sich ändern. Ich brauche Hilfe.“ Und natürlich kam Hilfe, aber in keinerlei Weise, wie ich mir das hätte vorstellen können. Eine Veränderung trat ein, doch sie war so intensiv und unerwartet, dass ich viele Jahre brauchte, um zu verstehen. Später, in dem Sommer, bin ich bei vollem Bewusstsein in die Welt des Lichts geholt worden und verbrachte dort ganz und gar zwei Wochen, wobei ich in der physischen Welt blieb, doch sie von der Ebene des Lichts aus sah.
Zu dieser Zeit gab ich ein anderes Retreat und erinnere, wie ich sehr langsam und völlig gegenwärtig in der Welt des Lichts von meiner Hütte zur Meditationshalle ging. Überall um mich herum waren Lichtwesen. Ich war nicht in dieser Welt; vielmehr sah ich diese Welt hier von einem Ort des Lichts aus. Und als ich am dritten Tag anfing zu sprechen, war das Licht so heftig, dass es mein Gehirn buchstäblich durchschmorte. Das Licht brannte in meinem Innern. Licht über Licht. Zuviel Licht. Ich weiß noch, wie ich später, mein Bewusstsein völlig ausgebrannt, auf meinem Bett lag und die Augen schloss in einen sengenden Glanz des Lichts hinein. Es war erschreckend. Ich fragte mich, ob ich mich je wieder davon erholen würde. Menschen sind nicht dafür geschaffen, in diesem Licht zu leben. Es ist zu hell, zu intensiv. Es verbrennt alles. Ich hörte mit dem Seminar auf. Ich weiß gar nicht so richtig, wie ich nach Hause kam.
In dieser Erfahrung – schmerzvoll und verwirrend – wurde ich in eine unermessliche Weite jenseits aller Horizonte und meines Selbstempfindens genommen. Dreißig Jahre zuvor, als ich dreiundzwanzig war, erwachte ich auf der Ebene des SELBST, eine zeitlose Dimension des Friedens und der Seligkeit. Aber das jetzt war anders, eine Unendlichkeit der Liebe und doch jenseits von Liebe, jenseits von Form wie auch von Formlosigkeit. Und doch war es anwesend, in mir und um mich herum. Es kam in mein Leben, in mein Bewusstsein, in meine Tage und Nächte wie ein Wirbelsturm – zerstörte jedes Gefühl der Spiritualität und ließ mich zerschmettert, verwirrt und klein und gedemütigt zurück.
Und durch dieses Andere, welches keinen Namen hat, entdeckte ich, dass ich Zugang zu dem Ort hatte, wo die Liebe ist, was ich als Ströme des Lichts und eine Landschaft der Liebe beschreibe. Die meisten Menschen erfahren diese innere Landschaft erst nach ihrem Tod, wenn der physische Körper zurückgelassen wird und sie ins Licht und die grenzenlose Liebe reisen, die unsere wahre Natur ist. Ich bin noch im physischen Körper dahin gebracht worden, mit einem jenseits meines Begreifens veränderten Bewusstsein. Und dort blieb ich dann für viele Jahre: in einer Welt des Lichts, während ich weiter hier in dieser Welt umherging. Während meine beiden Füße auf dem Boden waren, kannte ich nichts als die Macht der Liebe und die Gegenwart des Unbekannten. Und die äußere Welt, durch die ich ging, fand ich zunehmend dunkler und dunkler, während die Umweltkrise sich beschleunigte und die Stimmen ethnischer und sozialer Ungerechtigkeit lauter zu hören waren.
Einige Leute reagierten auf meine Artikel und meinten, ich würde zu sehr auf die Dunkelheit schauen und nicht genug auf das Licht. Doch in Wirklichkeit war ich so sehr ins Licht geholt – ein Licht, das überall um mich herum ist, das die Luft ist, die ich atme, die Liebe, die mich erhält – dass ich nicht mehr weiß, was es heißt, „auf das Licht zu schauen“, denn dort bin ich ja. Stattdessen ist es für mich, während ich durch die Straßen dieser Welt ziehe, ein Rätsel, wie die Dunkelheit dieses Licht verdeckt und die Menschen in den Illusionen und Missverständnissen einschließt, durch die sie sich und ihr Leben definieren. Wie kann es sein, dass das Licht so unbegreiflich ist, wenn es doch die Substanz unserer Seele ist, der Duft eines jeden heiligen Atemzugs? Und wie kommt es, dass wir von diesem Licht weggegangen sind, von der Wahrheit unserer göttlichen Natur?
Ich verstehe, dass wir in dieser Welt nicht einfach nur im Licht leben können, in der Freude oder auch in der Seligkeit unserer wahren Natur. Meine eigene Erfahrung hat mir das gezeigt – es ist einfach zu intensiv, es verbrennt zu sehr. Aber die Weise, wie die physische Welt diesen natürlichen Zustand verbirgt, gehört für mich zu den größten Rätseln, erscheint mir nahezu unfassbar. Ich verstehe mehr und mehr die Wege des Lichts, die einfachen Wunder göttlicher Liebe, das Sonnenlicht des reinen Bewusstseins. Ich sehe, wie die Macht von Licht und Liebe hinter den Wolken dieser Welt wartet, hinter den Vorhängen, mit denen wir uns umschatten.
Ja, ich kann sehen, dass diese Welt in Dunkelheit gehüllt ist, in einen seltsamen wirbelnden Nebel, der soviel Verwirrung schafft, soviel Verkennen von uns selbst und anderen, sogar Wut und Gewalt. Ich weiß auch, wie sich diese Dunkelheit anfühlt – ich habe in mir selbst ihre Qual und Einengung gefühlt. Und zugleich scheint das so unwirklich, auch wenn es das ist, was die Leute Wirklichkeit nennen – Leute, für die das Licht meist unsichtbar ist.
Und so bleibe ich ratlos stolpernd zwischen den Welten. Vielleicht war ich zu lange im Licht, zu lange in Meditation eingetaucht, habe zu lange die Ströme göttlicher Liebe beobachtet. Denn was passiert, ist, dass derzeit sogar Anzeichen von Dunkelheit eine tiefe Angst in mir erzeugen, als sei ich unfähig zu verstehen, wie sie tatsächlich zu uns gehört.
Und trotzdem sehe ich mehr und mehr diese Dunkelheit, nicht allein die Dunkelheit unseres eigenen Schattens, unserer persönlichen Versäumnisse, sondern die kollektive Dunkelheit dieser Zivilisation, die allein aus Gier und Profit brutal unsere Biosphäre zerstört. Und ich verstehe nicht, dass wir gewählt haben, auf diese Weise zu leben. Es scheint unbegreiflich. Diese wunderschöne Erde für ein bisschen materiellen Besitz zu missbrauchen, sie für zukünftige Generationen zu zerstören. Sogar in den letzten Jahren haben wir trotz wachsenden Bewusstseins für die Auswirkungen unseres Handelns, unserer Lebensweise, den Kohlenstoffgehalt in der Atmosphäre ständig erhöht und die Meere mit noch mehr Plastik gefüllt. Inzwischen verzerren die sozialen Medien und ihre Algorithmen unsere Wahrnehmung und trennen uns immer mehr von jeglichem Sinn für die Wirklichkeit. Haben wir gewählt, so zu leben, oder war das unser Schicksal?
Deshalb sehne ich mich nach der Einfachheit des Lichts und der Liebe zurück, während ich immer müder bin vom Umherstolpern in der Welt. Vor fünf Jahren habe ich mit dem Lehren aufgehört, ausgebrannt, verbraucht nach dreißig Jahren. Und dann kam die Pandemie, und ich war entlastet, brauchte nur noch über die Pfade und an den Stränden nahe unserem Haus zu gehen, wobei mir die Natur ein Gefühl des Gleichgewichts und der Zugehörigkeit gab. Und nach der Pandemie war ich glücklich damit, ein Einsiedler zu bleiben – verstand ich doch weniger und weniger von der Welt außerhalb unserer kleinen Community hier an der Küste –, meinen Morgenspaziergang an der Lagune zu machen, vielleicht einen Coyoten im ersten Licht zu sehen oder die Gegenwart der Devas im Garten zu spüren und den rotköpfigen Specht zu beobachten, wie er die kleineren Vögel vom Futterspender vertreibt.
Und in meinen Meditationen und Gebeten beobachte ich die Welt, wie ich auch tagsüber die Nachrichten verfolge. Und ich weiß, dass dies das Ende einer Ära ist, eine Zeit radikaler Ungewissheit, die zum gesellschaftlichen Zusammenbruch, zum Kollaps führen kann. Eines Tages, weit in der Zukunft, werden wir mit Verwunderung auf diese Zeit zurückblicken. Dass wir so unwissend in die nächsten Tage gegangen sind, dass wir so lange gewartet haben, dass wir zögerten, bis jede Chance fast verpasst war. Und als die Finsternis kam, erkannten wir nicht die Zeichen, die uns gegeben wurden. Wir erkannten nicht, dass sich der Boden unter unseren Füßen verschoben und sich unsere innere und äußere Ausrichtung verändert hatte. Nicht allein unser Bewusstsein, sogar auch unser Träumen war zensiert worden.
Wenn ich aus meinem Fenster das steigende und fallenden Wasser der Gezeiten in der Bucht sehe, wird mir immer klarer, wie lange vergessen für die meisten von uns die Tage sind, als wir in Harmonie mit der Erde und Ihren vielen Bewohnern einhergingen, als die Traumpfade der Erde und unsere eigene Seele zusammen sangen, als Ihr Mysterium zu uns sprach. Und in meinem Herzen ist der Kummer, dass wir über Generationen hinweg durch ein zerstörtes Land ziehen müssen, bis wir zu diesem Erbe zurückkehren, wenn der Frühling nach einem langen Winter endlich wiederkommen kann. Und ich frage mich, wie es für meine Kinder und Enkelkinder sein wird, wie es sein wird, in diesen sterbenden Tagen heranzuwachsen und alt zu werden.
So versuche ich Geschichten aus dieser Zeit vor der Zeit zu erzählen, um die Erinnerung an eine Vergangenheit wach zu halten, von der ich hoffe, dass sie auch zur Zukunft gehört, wenn die Welten erneut zusammenkommen, wenn die Engel und Devas, die mir zu Begleitern in meinem Alter geworden sind, Teil der wiedererwachenden Welt sein werden, einer beseelten Erde, die ganz und gar lebendig wird. Ich erzähle diese Geschichten auch, damit ich etwas in meinem Herzen und meiner Seele lebendig halten kann, lebe ich doch in einer Welt, die mir zunehmend fremd wird.
Vielleicht bin ich nur ein Mystiker, der zu weit in die inneren Welten gereist ist und in einer Welt alt wird, die nichts von diesen Dingen weiß, die allein das Greifbare, Materielle anerkennt, die physikalische Welt oder die seltsame Online-Zwischenwelt aus Einsen und Nullen, die in den letzten Jahrzehnten so viel von unserer Aufmerksamkeit verschlungen hat. Vielleicht bin ich nur nostalgisch nach einer einfacheren, verlorenen Zeit, als die Hecken noch voller Vögel, Schmetterlinge und Wildpflanzen waren. Aber auf meiner Reise bin ich dahin gelangt zu erfahren, was essenziell für unser Menschsein ist: das Licht und die Liebe, die unsere Seele und sogar die Zellen unseres Körpers nähren, auch wenn unsere Wissenschaften keine Kenntnis davon haben. Wie ich an anderer Stelle gesagt habe, diese Welt ist nicht so, wie wir denken; sie ist aus einer Substanz gemacht, die nicht aus Atomen oder Teilchen besteht, und in ihren Tiefen schwingt ein verborgenes Lied. Vielleicht habe ich in manchen Momenten meines Lebens diese Substanz berührt, eine Zeile dieses Lieds erfasst. Vielleicht habe ich das Herz der Welt in meinen Träumen gefühlt oder beim Gehen an einem der stillen Frühmorgen. Und in diesen Geschichten versuche ich diese Erfahrung zu teilen, die das Leben und die Liebe mir geschenkt haben.
Wie alle von uns, die älter sind, weiß ich, dass bald, in einigen Jahren, ich diese Küste verlassen und das simple Boot nehmen werde, das bereits wartet. Meine Koffer sind gepackt – die wenigen Erfahrungen, die meine Seele mitnehmen muss – und der andere Horizont lockt. Ich habe gelebt und geliebt und die Wahrheit gekostet, die durch die Schöpfung fließt. Ich habe beobachtet, wie die Hügel nach den ersten Regenfällen grün werden und dann golden im Sommer, und das erinnert mich an die Worte eines japanischen Abschiedsgedichts:
O Hydrangea –
du wandelst und wandelst dich
zurück zu deiner Ursprungsfarbe.
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