Transkript der Podcast-Reihe:
Geschichten für eine lebendige Zukunft
In den vorherigen Podcasts habe ich meine eigene Geschichte mit der Geschichte der Erde, ihrer fernen Vergangenheit und ihrer möglichen Zukunft verwoben. Ich habe meine Visionen und Träume geteilt, aber auch meine Trauer über das, was verloren gegangen ist. Ich habe über eine heilige vergessen gegangene Geschichte gesprochen und über einen Weg, wie wir einen Faden zu einer lebendigen Zukunft finden können, in der wir wieder das Lied des Herzens der Welt hören. Jetzt, da der Frühling hier an der Küste in den Sommer übergeht und die Kojoten, denen ich oft auf meinen morgendlichen Spaziergängen begegne, vier junge Welpen haben, möchte ich erzählen, wie meine eigene Geschichte von der Liebe handelt – einer Liebe, die die Sterne zum Singen bringt und auch der Faden ist, der uns alle zusammenhält.
Seit ich zum ersten Mal in die durchdringenden blauen Augen meiner Lehrerin blickte, wurde ich auf die Reise der Liebe genommen. Diese Liebe, die frei von Herz zu Herz, von Seele zu Seele gegeben wird, hat mich auf den alten Weg des Derwischs geführt, tief in die inneren Welten, jenseits von Zeit und Raum. Diese Liebe hat mich aber auch ins Leben gebracht, in seine Lebendigkeit, seine Schönheit und seinen Schmerz. Meine eigene individuelle Geschichte ist mit der Geschichte dieses Sufi-Pfades verknüpft, aber es ist auch die Geschichte meiner eigenen Gabe an das Leben und die Erde, die ich als Samen für eine lebendige Zukunft darbringen kann. Denn so wie wir nur unser eigenes Schicksal leben können – das, was im Buch des Lebens geschrieben steht – so können wir auch nur unsere eigene Geschichte weitergeben, unser Lachen, unsere Tränen, die Liebe, die in unserem Herzen erweckt wurde.
Vor vielen Jahren, in meinen frühen Dreißigern, machte ich während sieben Jahren Reisen in den archetypischen Welten – jener inneren Dimension unserer kollektiven Psyche, die einst die Domäne der Götter und Göttinnen war und in der die Geschichten unseres individuellen und kollektiven Schicksals geschrieben sind1.
Die großen Wesen, deren Kräfte der Schöpfung zugrunde liegen2, erzählten mir ihre Geschichten. Das heilige Weibliche konnte wegen des Missbrauchs durch das Männliche kaum durch ihre Tränen hindurchsehen. Kronos, der Herr der Zeit, erzählte mir, wie unser heutiges Verständnis von Zeit – als bloße Abfolge von Minuten, Stunden und Tagen – ihn der heiligen Rhythmen der Natur und der zeitlosen Dimension der Seele beraubt hat. Ich erfuhr auch, wie wichtig unsere eigene individuelle Geschichte ist und wie sie ein Geschenk an das Leben, die Erde und den Geliebten sein kann:
Warte, bis du deine eigene Geschichte wie einen Traum fühlst, wie eine Möglichkeit, und dann gib sie der Erde als Geschenk. Gib der Erde deine eigene Geschichte als Opfergabe, voller Bedeutung, voller Möglichkeiten und voller Seelengesang, jenem alten Lied – so alt, dass es vor dem Anfang geboren wurde und doch auch um die Bedeutung der Zeit weiß.
Die Erde ist so sehr zerstückelt worden, dass sie es braucht, wieder die Ganzheit zu erfahren, die Ganzheit als Geschenk zu erhalten. Was du anbieten kannst, ist deine eigene Geschichte, die deine eigene Ganzheit ist, die Essenz deines Werdens, um sie als Samen in das Herz der Welt zu geben. Sie ist dir gegeben worden, und so gibst du sie weiter, deine eigene Geschichte, die Essenz deiner eigenen Entfaltung. In jedem Moment erwarten wir, dass etwas geschieht, und so geben wir uns nicht, und wir erkennen nicht, dass unser Geben das wirkliche Geschehen ist. Wenn wir uns dem Leben hingeben, ist das Leben von der Zukunft durchdrungen. Das Leben sehnt sich danach, sich zu öffnen, geheiligt zu werden, von so viel Materialismus erlöst zu werden. Und denke daran, dass dies nur der Anfang ist, diese Öffnung für eine andere Dimension des Seins.
Du bist angekommen. Es gibt keinen anderen Ort, an den du gehen kannst. Du bist dort, wo du sein sollst. In diesem Augenblick gibt es keine Zukunft und keine Vergangenheit. Aber du machst ihn heilig, indem du dich gibst.
Gib dem Leben einfach den Samen deiner eigenen Geschichte; gib dich in Liebe, und das Leben wird darauf antworten. Das Leben wird deinen Samen nehmen und ihn in das Herz der Welt legen, wo er das Feuer am Leben erhält, das dort brennt, das im Herzen der Welt brennt. Das ist dein Geschenk. Das ist alles, was du jemals geben kannst. Langsam wird die Welt beginnen, sich um eine neue Achse der Liebe zu drehen.
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MEINE EIGENE GESCHICHTE: EINE RÜCKKEHR ZUR LIEBE
Ich wuchs in einem Haus auf, in dem es keine Liebe gab. Ich glaube nicht, dass meine Eltern jemals von Liebe wussten, und ich habe nie die Worte “Ich liebe dich” gehört. Zehn Jahre lang wurde ich in ein Internat geschickt, und ich erinnere mich daran, als ich mit sieben Jahren dort ankam, wie die Jungen in ihren Betten lagen und vor Heimweh weinten, aber ich wusste nicht, warum sie weinten. In der Schule bestand das Rezept für Wohlbefinden aus kalten Bädern und endlosen Geländeläufen in schlammigen Stiefeln. Zuneigung oder Fürsorge waren keine Worte oder Handlungen, denen ich begegnete.
Später, als ich zwanzig war, erlebte ich die Liebe in einem kleinen Raum im Norden Londons. Ich saß zu Füßen einer älteren russischen Frau mit durchdringenden blauen Augen, die gerade aus Indien zurückgekehrt war, wo sie von einem Sufi-Meister geschult worden war. Aber dies war keine aus den Verstrickungen menschlicher Beziehungen entstandenen Liebe, gefangen in Mustern der Co-Abhängigkeit oder des sexuellen Verlangens. Diese Liebe war frei und allumfassend, berührte sowohl die Zellen des Körpers als auch die Seele. Sie sprach von einer Wahrheit, die nicht benannt werden kann, und von einem Weg, dieser Wahrheit entgegenzugehen, auf dem alten Pfad des Mystikers zu reisen. Und so wurde dieser Raum mein Zuhause, unsere wöchentlichen Treffen die einzige Nahrung, nach der ich mich sehnte. Und langsam lernte ich die Liebe kennen, als ein Gefühl, eine Energie, eine Sehnsucht, das zu finden, was ich in den Augen meiner Lehrerin widergespiegelt sah.
Liebe wurde allmählich Teil meines Lebens. Sie begann mich zu durchdringen wie ein unsichtbarer Duft, ein Parfüm aus einem verborgenen Garten. Und durch eines der größten Geheimnisse, das einem Menschen widerfahren kann, erwachte mein Herz – jenes spirituelle Organ der göttlichen Wahrnehmung, das die direkte Verbindung mit der Quelle der Liebe ist, was die Sufis den Geliebten nennen. Und so verliebte ich mich, in den Geliebten und auch in die Frau, die meine Ehefrau werden sollte – denn diese Liebe war sowohl menschlich als auch göttlich, sowohl erotisch als auch ungreifbar. Aber sie war real, so real wie das Licht, das ich nach der Geburt in den Augen meiner Kinder sah, so real wie ihr Lachen und ihre Tränen. Es war eine Liebe, die mich ins Leben nahm, auch wenn sie mich in tiefer Meditation öffnete und mir Zugang zu Wirklichkeiten jenseits des Verstandes gab.
Jahre später, als meine Kinder bereits in der Schule waren, wurde ich gebeten, der Tradition meiner Lehrerin nachzufolgen und diesen alten mystischen Weg der Liebe zu lehren. Ich lernte, wie die Übertragung, die durch die Gnade der Tradition gegeben wird, das Herz öffnet und den Wanderer für die Verbindung zwischen dem Ich und der Seele erweckt. Und ich lernte, wie Liebe mühelos gegeben wird – die Liebe, die nötig ist, um den Wanderer nach Hause zu bringen, zurück zum Geliebten. Dieser Fluss der Liebe von Herz zu Herz, von Seele zu Seele, ist sehr einfach, auch wenn er eines der größten Geheimnisse ist. Und er ist notwendig, denn ohne diese Liebe gibt es keine Reise, keine Umarmung des Liebenden.
Ich habe Bücher über diese Liebe geschrieben, über die Sufi-Tradition von Liebe und Sehnsucht, diese beiden Seiten der Liebe, und wie sie das Herz zerreißt, während sie die Seele erweckt. Wie sie der Magnet ist, zu dem wir uns hingezogen fühlen, der Wein, nach dessen einem Schluck wir dürsten. Ich will damit einfach sagen, dass sie real ist und dass sie durch die Gnade des Lehrers gegeben wird. Manchmal wurde sie einem einzelnen Menschen gegeben, der vor mir saß, was man Tawajjuh nennt, eine spirituelle Übertragung. Oder bei einem Gruppentreffen, selbst bei einem Seminar mit dreihundert Leuten, floss sie zu allen Anwesenden und erinnerte sie an ihre wahre Natur, an die größere Liebe, zu der wir alle gehören.
Manchmal war es berauschend, diese Liebe zu geben, manchmal auslaugend. Nach zwanzig Jahren dieser Arbeit war ich erschöpft. Doch dann wurde ich, wie schon erzählt, zu einer inneren Dimension reiner Liebe erweckt, die ich eine Landschaft der Liebe nannte, in der es Flüsse aus Licht gab. Dies war ein Ort, an dem die Liebe ist, und ich war in dieser Landschaft präsent, wusste nichts außer der Wahrheit ihrer Gegenwart. Aber gleichzeitig musste ich erkennen, wie wenige Menschen diese Liebe in ihrer wahren Natur wollten, trotz ihrer Unermesslichkeit und obwohl sie unser göttliches Erbe ist. Viele von denen, die mit mir zusammensaßen, wollten eine persönlichere Liebe – eine Liebe, die Trost, Verständnis oder sogar eine Beziehung bot. Sie mochten das Gefühl der Liebe, waren aber nicht ganz bereit für ihre Ansprüche. Die Liebe wurde um der Wahrheit willen gegeben, aber für so viele andere Zwecke verwendet, oft füllte sie eine Leere in ihrem Leben, heilte ihre Wunden. Und es hat mich traurig gemacht zu sehen, wie diese Menschen einen kleinen Teich mit dem Ozean verwechselten. Aber weil ein wesentliches Merkmal dieser Liebe die Freiheit ist, sah ich einfach zu, wie sich dieses endlose Drama der Liebe entfaltete. Ich beobachtete, wie die Menschen sich mit den Brosamen vom Tisch der Liebe zufriedengaben.
Aber einmal mehr war ich erschöpft, und etwas in mir zog sich zurück. Schließlich beendete ich meine Lehrtätigkeit, hielt meine letzten Vorträge, schloss meine Meditationsgruppe und gab die Übertragung an meinen Sohn weiter. Ich zog es vor, in der Natur zu sein, die das Wunder der göttlichen Liebe und Einheit ehrlicher zum Ausdruck bringt. Der Kojote auf dem Pfad, der Kolibri, der in meinem Garten Nektar trinkt, die Narzissen, die ich gepflanzt habe und deren Blüten sich im Frühjahr gelb öffnen – sie alle waren ihrem Wesen treu, waren inkarnierte Liebe. Und dort bin ich viele Jahre geblieben, lebte meist in Abgeschiedenheit und im Gebet, weit weg von der Verwirrung menschlicher Beziehungen und den Missverständnissen einer Liebe, die frei gegeben wird.
Wie ich in den vorherigen Geschichten erzählt habe, ging meine eigene Reise weiter. Ich habe das Steigen und Fallen der Gezeiten viele Male beobachtet, habe gehört, wie die Winterstürme in der Nacht auf das Dach prasselten. Die neugeborenen, noch gesprenkelten Rehkitze, die das Gras in meinem Garten fressen, sind meine Freunde geworden, die Streifenhörnchen, die nach den Samen aus dem Vogelfutterhaus suchen, meine Gefährten. Und innerlich beobachtete ich, wie sich die Welt veränderte, wie am Horizont Muster der Dunkelheit auftauchten und dann ins Spiel kamen und endloses Leid verursachten. Währenddessen begann sich mein Herz mit den Sternen zu drehen, mit den inneren Konstellationen sowie mit der Präsenz der Meister des Pfades, die uns vorausgegangen sind. Engel und Devas sprachen mehr zu mir als Menschen.
Die Liebe war immer präsent, aber nicht mehr drängend. Oft weinte mein Herz und ich versuchte, unsere leidende Erde zu lieben, sie im Gebet zu halten. Aber ich verstand immer weniger von den Dingen dieser Welt, von ihren Ablenkungsmustern, ihren Begierden und Süchten, von der toxischen Welt der sozialen Medien und den falschen Versprechungen der KI. Doch dann kehrte, wie von jenseits der Sterne, wo sich Atman und Brahman treffen, ein Faden der Liebe zurück. Die einfache Liebe, die uns miteinander und mit der Erde verbindet. Sie kam wie ein Licht ins Herz. Dies war nicht die Liebe, deren Bestimmung es ist, die Prägung der Wahrheit zu tragen, sondern vielleicht einfach die Liebe, die ich als Kind nicht kannte. Es ist eine Liebe, die nichts für sich selbst will, sondern wie ein Tautropfen an einem frühen Sommermorgen ist. Und so beobachte ich diese Liebe mit Staunen und Stille, wie man ein Neugeborenes beobachten würde. Liebe ist solch ein Mysterium, ist das größte Mysterium. Sie kommt von weit jenseits des Verstandes und der Sinne in unser Herz und unser Leben. Sie spricht davon, was es wirklich bedeutet, lebendig zu sein, den Ein- und Ausatem zu beobachten. Sie ist der Kern von allem, was existiert, auch wenn sie bis zu den Sternen reicht.
Ich suche nichts mehr, außer vielleicht zu verstehen, warum ich immer noch hier bin. Wie ich in meinen früheren Texten angedeutet habe, bin ich zu erschöpft und ausgelaugt vom jahrelangen Geben meiner Essenz, um mehr zu tun als meinen Morgenspaziergang zu machen und das Mittagessen zu genießen, das meine Frau zubereitet. Meine Arbeit ist getan, ich kann mich kaum noch engagieren, mein Bewusstsein ist zu weit in andere Welten gewandert. Ich verstehe die Sprache von heute nicht mehr und ziehe Stille und Gebet vor. Aber ich frage mich, ob diese Liebe eine Botschaft hat, ob sie ein Ruf ist, zu dem zurückzukehren, was einfach menschlich ist, zu dieser Süße, die vor dem Honig und der Biene war. Liebe ist die einfachste und direkteste Verbindung zueinander, zur Erde und zum Geliebten. Sie sollte mit der Muttermilch geschmeckt und in unserer frühesten Beziehung zur natürlichen Welt um uns herum gespürt werden. Sie ist im Chor der Morgendämmerung und in den ersten grünen Trieben des Frühlings. Sie ist im Anblick einer reifenden Tomate und im Geschmack einer frisch gepflückten Beere. Sie ist die Welt, in der unsere Vorfahren gelebt haben und noch immer präsent in Landschaften, die nicht zerstört oder verschmutzt wurden. Sie ist das Anschieben einer Schaukel auf dem Spielplatz, die Gute-Nacht-Geschichten und die einfachen Worte “Ich liebe dich”.
Vielleicht ist dies der Grund, warum ich dieses Leben mit einem leeren Blatt begonnen habe, damit ich diese zentrale menschliche Eigenschaft ohne Vorurteile und Vorstellungen erfahren konnte. Liebe ist frei, sie kann nicht gekauft und verkauft werden, wie es im Lied “Money can’t buy you love” heißt, auch wenn viele versuchen, sie zu verpacken und zu vermarkten. Sie gehört nicht zu unserer Welt der Zeit, wie Rumi einfach ausdrückt: “Tritt aus dem Kreis der Zeit und in den Kreis der Liebe”. Wenn man sich verliebt, ist es deshalb immer für ewig, auch wenn es nur einen Monat dauert. Und wie der große Sufi Dhu’l Nun erzählt, sagte eine Frau zu ihm, als er am Meeresufer stand: “Die Liebe hat kein Ende, weil der Geliebte kein Ende hat”.
Die Liebe, die menschliche und die göttliche, steht im Mittelpunkt meiner eigenen Lebensgeschichte – insbesondere das, was ich “die Verbindung mit dem Geliebten” genannt habe, die Verbindung der Liebe, die im Herzen und in den Zellen von allem Geschaffenen ist. Sie verbindet uns alle in einer lebendigen Einheit göttlicher Liebe, dies nennen die Sufis die Einheit des Seins. Und doch ist sie auch sehr individuell und spricht zu jedem von uns auf ihre eigene Weise.3 Und für mich ist sie jetzt als ein einfacher Funken im Herzen zurückgekehrt oder wieder aufgetaucht. Vielleicht endet meine Geschichte hier, im Einfachen, Menschlichen und Alltäglichen, auch wenn es das größte Geheimnis der Schöpfung birgt.
Das Einfachste und Gewöhnlichste im Gewebe der Schöpfung ist ein lebendiges Licht, das sich bis zu den Sternen und darüber hinaus erstreckt. Aus der ungeschaffenen und unsterblichen Leere wird das erste Licht geboren, das reine Licht des Logos-Prinzips, das den Sufis als das Muhammadische Licht, oder al-Nur al-Muhammadi, bekannt ist. Und mit diesem Licht der reinen Absicht kommt die Liebe. Denn es ist die Liebe, die die Welten zusammenhält und die gesamte Schöpfung – ihre fernen Galaxien und fallenden Blätter – direkt mit dem Schöpfer verbindet. Dies ist das Geheimnis der göttlichen Offenbarung, der Selbstoffenbarung Gottes. Hier, in dieser Welt, spiegelt sich das Netz des Lebens mit seinen miteinander verbundenen und voneinander abhängigen Mustern im Netz des Lichts und der Liebe, welches den spirituellen Zweck alles Geschaffenen in sich birgt.
Im Menschen werden dieses Licht und diese Liebe im Embryo des ungeborenen Kindes eingeprägt, es ist sein erster spiritueller Herzschlag. Und für jeden von uns besteht die Reise des Lebens darin, dieses Licht, diese Liebe zu leben, seinem ursprünglichen Eindruck, unserem ersten Herzschlag, treu zu bleiben. Wie man diese Reise macht, wurde in den “Ursprünglichen Weisungen” erklärt, die heute größtenteils vergessen sind und sie beschreiben, wie man in Lobpreisung und Danksagung lebt.4 Für manche ist diese Liebe verborgen, wie es für mich in den ersten Jahren meines Lebens war. Für andere ist sie sichtbarer und kann ihnen helfen, ihren Weg zu finden und sie mit Menschen in Kontakt zu bringen, deren Herzen mit ihnen mitschwingen. Dieses Licht kann sie zum Dienen oder zu einer spirituellen Praxis führen oder sogar leuchtend genug sein, um anderen zu helfen, ihr eigenes Licht zu erkennen. Es kann wachsen, heller leuchten, oder zugedeckt und weniger sichtbar werden.5 Aber es bleibt im Kern unseres Wesens, bis wir eines Tages ans andere Ufer gehen, wo unser spiritueller Zwilling auf uns wartet, und dann weiter zu jener Größeren Liebe, die uns umarmt. Meistens vergessen wir das, weil wir in den vielen Illusionen und Ablenkungen des Lebens gefangen sind, und doch bleibt es der tiefste Sinn unseres Lebens, diese ursprüngliche Liebe zu leben. Der Rest unseres Lebens gleicht hauptsächlich Schatten, die wie auf der Wasseroberfläche vorbeiziehen. Doch dieses Licht und diese Liebe tragen in sich das Lied unserer Seele und sind unser wahrer Beitrag an das ganze Leben, unsere Note in der Symphonie des Lebens.
Ich habe meinen Zwilling am anderen Ufer warten sehen und spüre, dass meine Lebensreise zu Ende geht.6 Und so kehre ich zu diesem einfachen Licht zurück, zu dieser Liebe, die das größte Geschenk des Lebens ist. Ich spüre sie in meiner Liebe für die Erde, besonders wenn ich ihr Leiden sehe, und in meiner Liebe zum Geliebten, die zu Füßen meiner Lehrerin erwacht ist. Mit dem Auge des Herzens habe ich meine Kinder und Enkelkinder aufwachsen sehen, während ich nach innen in eine Liebe und ein Licht schaute, die unermesslich und undefinierbar sind. Aber die Liebe selbst bleibt ein einfaches Gefühl, und wie die Sufis sagen: “Das Herz allein weiß, aus welchem Stoff die Liebe ist”.
Ich habe versucht, diese Liebe, die mir gegeben wurde, zu leben. Die Sehnsucht der Liebe hat mir geholfen, meinen Weg zur Wahrheit zu finden, und ihr Licht hat vielleicht geholfen, andere auf ihrem Weg zu führen. Mit dieser Liebe konnte ich die Farben der Schöpfung sehen, das Wunder eines Rotschwanzfalken erhaschen oder den Duft des am Zaun rankenden Geißblattes riechen. Ich habe das einfache Geheimnis der Verbundenheit zwischen Menschen gespürt, eine Qualität von Nähe und Zärtlichkeit, die ich in meiner eigenen Kindheit nicht gekannt habe. Und weil Liebe zur Einheit gehört, weiß ich, dass die Liebe, die ich fühle, zu allem Existierenden gehört, ebenso wie die ursprüngliche Leere, die ich in tiefer Meditation erlebe. Der Funke, der mir vor meiner Geburt geschenkt wurde, hat mir in seiner Geschichte erzählt, dass es in der Liebe niemals “zwei” gibt, sondern dass “Liebender, Geliebter und Liebe eins sind”7.
©2024 The Golden Sufi Center, www.goldensufi.org
- Diese Reisen sind hier aufgezeichnet: https://archetypaljourneys.wordpress.com/
- Carl Jung nannte sie die “Flussbetten des Lebens”. Black Elk nannte sie “Großväter”, “die Mächte der Welt”.
- Jedes menschliche Herz birgt die Möglichkeit einer einzigartigen Selbstoffenbarung Gottes, der sich niemals zweimal in der gleichen Form enthüllt. Ibn ‘Arabi erklärt, dass jedes Herz individuell durch die “Form der göttlichen Selbstoffenbarung” geformt wird.
- Im Sufismus kommt dies im “Urbund” zum Ausdruck, als Gott zu der noch nicht erschaffenen Menschheit sprach: “Bin ich nicht euer Herr?” und sie antworteten: “Ja, wir bezeugen es.” Dies deutet darauf hin, dass der ursprüngliche Sinn der menschlichen Existenz darin besteht, die göttliche Gegenwart zu bezeugen.
- Dieses Licht kann durch das Ego, seinen Eigenwillen oder besonders durch Handlungen der Dunkelheit geschwächt werden. In einigen extremen Fällen wird es ausgelöscht, und das dunkle Licht des Bösen kann stattdessen präsent sein.
- Dieses Bild des Zwillings spiegelt eine alte Tradition des “himmlischen Zwillings” wider: Jeder von uns hat einen himmlischen Zwilling, der in der geistigen Welt des Lichts lebt. Dieser Zwilling ist für die Augen der Sinne unsichtbar und wird normalerweise erst im Tod mit uns vereint. Die letzten Worte von Mani, dem Begründer des Manichäismus, lauteten: “Ich betrachte meinen Zwilling mit meinen Augen des Lichts”.
- Bayazid Bistami.